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12 Fragen an Jean-Pierre Pfenninger, CEO Hyposcout

Von am 21. August 2017
NZZ Domizil

«Der günstigste Anbieter muss nicht immer der beste sein»

NZZ Domizil: Welches war das erste Immobilienprojekt, mit dem Sie sich befasst hatten?

Jean-Pierre Pfenninger: Mein erstes Immobilienprojekt war mein eigenes Haus, das meine Frau und unser Architekt planten und entwarfen. Wir waren in der glücklichen Lage, dass wir alles auf die Bedürfnisse von uns und den vier Kindern abstimmen konnten. Noch heute, nach elf Jahren, fühlen wir uns sehr wohl in dem Haus.

Mittlerweile leiten Sie ein Startup für die Immobilienfinanzierung. Wie funktioniert der Hyposcout?

Über eine Internetplattform führen wir Kapitalanleger und Interessenten für einen Hypothekarkredit direkt zusammen. Im heutigen Tiefzinsumfeld suchen Kapitalanleger eine gesicherte Rendite. Gleichzeitig haben Kapitalnehmer durch die Tragbarkeitsvorschriften erhebliche Mühe, über die Bank eine Finanzierung zu erhalten. Wir vermitteln grundpfandgesicherte Kredite und sind nicht an die Tragbarkeitsregeln gebunden, da wir keine Bank sind. So können wir auch Kredite an Leute vermitteln, welche die Limiten knapp nicht erfüllen. Wir unterstützen die Parteien im Abwicklungsprozess, etwa bei der Bewertung der Liegenschaft, der Errichtung der Schuldbriefe und bei den Verträgen.

Worauf müssen Immobilienkäufer bei der Wahl der Hypothek und des Anbieters besonders achten?

Wer sich für den Hauskauf entscheidet, sollte sich gut informieren und die Angebote im Markt vergleichen. Denn die Unterschiede sind teilweise beträchtlich, was schnell in einem Sparpotenzial von Tausenden von Franken über die gesamte Laufzeit resultiert.

Warum sind Ihrer Meinung nach Immobilien in der Schweiz so teuer?

Die Nachfrage und das Angebot bestimmen den Preis. Das Bauland wird immer knapper, die Zuwanderung ist ungebrochen, die Nachfrage nach selbstbewohntem Eigentum steigt. Bei Neubauten werden die Anlagekosten immer teurer, sie werden auf die Käufer überwälzt. Dazu kommt der Anlagenotstand von privaten und institutionellen Anlegern, die bereit sind, höhere Kaufpreise von Renditeliegenschaften in Kauf zu nehmen.

Die Banken werden bei der Kreditvergabe vorsichtiger. Spüren Sie dies und, wenn ja, wie?

Ja, natürlich. Die Banken unterstehen der Aufsicht durch die Finma und haben klare Vorschriften, wie weit sie gehen dürfen. Als reine Vermittlungsfirma können wir etwas weiter gehen als die Banken und sind somit auch flexibler.

Bei der Hypothek gehen viele Kreditnehmer (vermeintlich) auf Nummer sicher: Wozu raten Sie im Moment?

Ob eine Fest-, eine Libor- oder eine variable Hypothek sinnvoll ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Bei jeder der Varianten sprechen Gründe dafür und dagegen.

Weshalb wechseln so wenige Kreditnehmer zu günstigeren Anbietern?

Der günstigste Anbieter muss nicht immer der beste sein. Viele Eigentümer legen hohen Wert auf Vertrauen in den Finanzierungspartner und bevorzugen Institutionen, mit denen sie sich identifizieren können. Zusatzdienstleistungen oder etwa tiefe Gebühren können bei der Wahl des Anbieters eine wichtige Rolle spielen. Bei kurz- bis mittelfristigen Laufzeiten sind die Geschäftsbanken meist die günstigere Variante. Bei langfristigen Laufzeiten sind Versicherungen und Pensionskassen jedoch oft günstiger. Die jeweiligen Konditionen, wie einen möglichen Anbieterwechsel bei Ablauf einer Zinsbindung oder die jeweiligen Kündigungsfristen, werden ebenfalls in die Waagschale geworfen.

Die Rede von der Immobilienblase will nicht verstummen: Gibt es diese Blase? Wo läuft der Markt besonders heiss?

Die Investitionsnachfrage nach Wohneigentum ist auf die anhaltende Tiefzinssituation zurückzuführen. Eigenheime sind im ersten Halbjahr 2017 leicht teurer geworden, während die Einkommen stagnierten. Anzeichen einer Blase zeigen sich nach wie vor im Raum Zürichsee und im Raum Genfersee. Der Markt muss beobachtet werden, aber er befindet sich noch immer in einem vertretbaren Bereich.

Der Immobilienmarkt erhält ein zunehmend enges Regulierungskorsett. Wie viele Vorgaben verträgt es?

Dass wir gewisse Regulierungen im Immobilienmarkt brauchen, ist allen klar. Ich bin der Meinung, dass diese nicht so starr und strikt sein sollten, wie sie momentan gehandhabt werden. So sollte man nicht allein die strikte kalkulatorische Tragbarkeit anwenden, sondern auch die effektive Tragbarkeit beachten.

Die Gesellschaft wird älter und mobiler: Verändern sich die Wohnbedürfnisse?

Sie haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Der demografische Wandel hat zur Folge, dass der Wohnungsmarkt nicht mehr von Grossfamilien, sondern von Haushalten mit zwei oder weniger Personen dominiert wird. Sie wollen eine moderne Inneneinrichtung mit hochwertigen Materialien. In naher Zukunft werden Rentner die ausschlaggebende Nachfragegruppe darstellen. Die Ansprüche an ein altersgerechtes Wohnen steigen.

Was macht ein gutes Wohnhaus aus?

Individuelles Wohnen geniesst in der heutigen Zeit einen hohen Stellenwert. Es gibt Kriterien, die den Verkehrswert und die Nachfrage beeinflussen. Die Region, das konkrete Wohnumfeld und der bauliche Zustand einer Liegenschaft spielen dabei ebenfalls eine wichtige Rolle.

Mit was befassen Sie sich, wenn es nicht um Immobilien geht?

Ich nehme mir viel Zeit für meine Familie und Freunde. Am liebsten verbinde ich dies mit Sport.

Zur Person

Jean-Pierre Pfenninger

(51) ist seit Oktober 2016 CEO von Hyposcout AG mit Sitz in Dübendorf. Zuvor war er als Investmentbanker tätig, unter anderem 13 Jahre lang  bei der Bank Julius Bär.
Hyposcout betreibt eine  Internetplattform, auf der sich Angebot in Form von Investoren und Nachfrage in Form von Kapitalnehmern im Bereich von Zweithypotheken und Nachgangshypotheken zusammenführen lassen. Zur Sicherheit der Kapitalgeber werden dabei nur grundpfandgesicherte Darlehen vergeben. (dst.)

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