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Grosses Potenzial für Mikro-Apartments

Von am 3. Juli 2017
NZZ Domizil

Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, scheinen sich viele Wohnungssuchende zu sagen. Sie ziehen eine kleine Wohnung mitten in der Stadt einer grösseren in der Agglomeration vor. Urbane Kleinwohnungen erfreuen sich in der Tat einer ausgesprochen regen Nachfrage. Diese stützt sich auf eine grosse Bandbreite von zumeist wachsenden Nachfragesegmenten: angefangen bei Studierenden über junge Berufseinsteiger, Singles, Geschiedene, alleinstehende Senioren bis hin zu Wochenaufenthaltern, um nur die wichtigsten zu nennen.

Einpersonenhaushalte dominieren

Einpersonenhaushalte sind heute mit 35% die häufigste Wohnform in der Schweiz. In den grossen Städten liegt der Anteil knapp unter 50%. Daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Die Gründe, alleine zu leben, sind vielfältig und nicht immer selbst gewählt. Scheidung oder der Verlust des Partners gehören auch dazu. Eine eher neue Zeiterscheinung sind die LAT-Haushalte. Also «Living Apart Together»-Personen, die trotz einer bestehenden Beziehung bewusst ein Leben im eigenen Haushalt bevorzugen. «My home is my castle» scheint für immer mehr Menschen einem zentralen Bedürfnis nach Autonomie zu entsprechen. Neben dem wachsenden Wohlstand, der den «Luxus» des Alleinwohnens erst möglich macht, tragen auch gesellschaftliche Veränderungen zu dieser Entwicklung bei. Die verstärkte Erwerbstätigkeit der Frauen hat deren wirtschaftliche Emanzipation gefördert und zu höheren Scheidungsraten geführt. Moderne Kommunikationstechnologien wie auch der starke Urbanisierungstrend ermöglichen Alleinlebenden heute ein dichtes Netz an sozialen Kontakten, ohne dass der Wohnraum geteilt werden muss. Zum Trend des Alleinlebens gesellt sich jüngst in der Form von Mikro-Apartments ein innovatives Wohnangebot, das bezüglich Zeitgeist und Anforderungen optimal auf die Bedürfnisse vieler Single-Haushalte zugeschnitten ist. Denn durch die teuren Wohnkosten in den Zentren verlagert sich der Fokus der Nachfrage auf kleinere Wohnungen.

Viel zu wenig kleine Wohnungen

Mikro-Apartments sind kleine Wohneinheiten, funktional und hochwertig möbliert sowie zentral gelegen. Sie passen sehr gut zum neuen Lifestyle des Minimalismus. Die technologische Entwicklung unterstützt diesen Trend. Denn dank Digitalisierung, Sharing Economy und wachsenden Dienstleistungsangeboten reduziert sich der Bedarf an Stauflächen, was die Akzeptanz von kleinen Wohnungen erhöht hat. Vielfach bieten Mikro-Apartment-Überbauungen bewusst gestaltete Gemeinschaftsflächen, wie zum Beispiel Dachgärten oder Fitnesszonen, die unkomplizierte Begegnungen und neue Formen des Zusammenlebens fördern. – Allerdings wurde in der Schweiz in den letzten eineinhalb Jahrzehnten der Bau von Kleinwohnungen vernachlässigt. Erst in den letzten Jahren scheinen die Investoren auf das Missverhältnis von Haushaltsgrösse und Wohnungsgrösse in der Schweiz aufmerksam geworden zu sein. So stehen heute den 1 260 000 Einpersonenhaushalten in der Schweiz nur 635 000 Wohnungen mit ein oder zwei Räumen gegenüber. Für Investoren stellen Mikro-Apartments eine interessante Anlage dar, da deren Mieterträge pro Quadratmeter höher liegen als bei grösseren Wohnungen und die Zielgruppen sehr vielfältig sind, was das Vermietungsrisiko senkt.

Während im Ausland schon vor Jahren vermehrt Mikro-Apartments erstellt wurden, sind hierzulande erst wenige Anschauungsbeispiele für diese Spezialform von Kleinwohnungen zu finden. Mit Mikro-Apartments soll den Mietern eine voll funktionsfähige Wohnung auf kleinstmöglichem Grundriss zur Verfügung gestellt werden. Für die Mieter schliessen Mikro-Apartments damit eine Lücke auf dem Wohnungsmarkt: zentrumsnahes, qualitativ hochstehendes Wohnen zu einem bezahlbaren Preis.

Alternative zum Wegzug aus der Stadt

Die Präferenz für die Grossstadt dürfte künftig aufgrund von häufigeren Arbeitgeberwechseln, wachsenden Stauproblemen und dadurch verändertem Verkehrsverhalten (öV, E-Bike) sowie wegen eines höheren Beschäftigungsgrads bei den Frauen weiter zunehmen. Laut einer Befragung der Stadt Zürich hat die Hälfte der aus der Stadt Weggezogenen zunächst versucht, in der Stadt eine Wohnung zu finden. Doch das bestehende Wohnungsangebot ist vielen zu teuer. Mikro-Apartments können hier eine Lösung sein.

Fredy Hasenmaile Credit Suisse

Dieser Beitrag ist dem Immobilienbund der Neuen Zürcher Zeitung «NZZ Domizil» entnommen.

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