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Passt wie angegossen

Von am 28. August 2017
NZZ Domizil

Ein ungewöhnliches Wohnhaus in Tamins fügt sich harmonisch in die Umgebung ein

Viele der älteren Häuser im 1000-Seelen-Dorf Tamins, zehn Kilometer von Chur entfernt, sind gut erhalten. Der Ort wirkt authentisch und gepflegt. Daniel Ladner vom Büro Bearth & Deplazes in Chur hat sich intensiv mit Tamins beschäftigt. Gemeinsam mit Valentin Bearth und Andrea Deplazes hat er das Haus Schneller Bader entworfen. Das Projekt spiegelt einen der Grundsätze des renommierten Architekturbüros: «Ein Gebäude soll in einen Dialog mit seiner Umgebung treten und sich vor allem stimmig in diese einfügen», sagt Ladner. «Wir fokussieren uns immer sehr stark auf den Ort und entwerfen Unikate, die für diesen gemacht und nicht austauschbar sind.»

Mitten in der Natur
So erinnert das Einfamilienhaus am Rand der Landwirtschaftszone im ersten Moment an ein Ökonomiegebäude. Seine schlichte längliche Form sowie die rohe Betonfassade und das Welleternit-Dach auf der Nordseite haben wenig mit einem klassischen Wohnhaus gemein. Das Haus liegt zwischen einem alten Gehöft und dem freien Feld; es rundet den Vorplatz des alten Bauernhauses mit seiner länglichen Form ideal ab und öffnet sich gegen die unbebaute Landschaft hin. Ein Atelierraum und die Schlafräume im Erdgeschoss liegen deshalb nach Norden zum Hof hin ebenerdig und nach Süden unterirdisch. Dank grossen Fenstern erreicht das Licht dennoch die hinteren Bereiche der Räume. Im oberen Stock befinden sich eine offene Küche und das Wohnzimmer. Geschosshohe Fenster sorgen für viel Licht und Luft und lassen den Blick nach Süden weit über ein Feld und die Rheinebene schweifen.

Betontürme zu beiden Seiten beherbergen ein weiteres Schlafzimmer und ein grosses Bad. «Dass man sich im oberen Wohnraum fühlt, als wäre man mitten in der Natur, gefällt uns besonders gut», sagt die Bauherrin Georgina Schneller. Sie und ihr Mann haben sich rasch vom Konzept begeistern lassen, das Haus wie ein abstraktes Ökonomiegebäude zu gestalten. «Das Gebäude passt hierher wie angegossen», sagt die zweifache Mutter.

Möchte die Familie einmal etwas mehr Privatsphäre, verschliesst sie die Fenster im Wohngeschoss mit gesprengten Holz-Schiebetoren, die an eine Scheune erinnern. Schliesst man diese tagsüber, sorgen die Lücken zwischen den unbehandelten Holzlatten dafür, dass das Licht schöne Muster auf den Boden zeichnet – was für eine warme Atmosphäre sorgt. «Das Budget für diesen Bau war eher knapp», sagt Ladner. Deshalb seien bei der Planung vor allem zwei Dinge sehr wichtig gewesen: «Wir haben uns immer gefragt, auch bei Details, ob man Konstruktion und Materialwahl nicht noch einfacher, noch puristischer machen kann. Dafür braucht es auch gute Handwerker, die eine Art Edelrohbau fertigen können.»

Kosten gespart, Energie produziert
So wurde etwa auf eine klassische Trittschalldämmung bei den Böden verzichtet, Fundament und Decke wurden direkt als fertige Oberflächen geglättet; die Wände einschichtig mit einfachem Kalkputz verputzt. Auch das Dach ohne Rinne war kostengünstig.

Das Dach ist mit Photovoltaik-Panels belegt: «Wir konnten die Kosten optimieren, weil wir die Ziegel sparten. Zudem erinnert das Satteldach an ein altes Berghaus», sagt Ladner. Mit einer Eigenproduktion von 23 000 kWh pro Jahr ist das Haus Schneller Bader zudem ein sogenanntes Energieplushaus: Der Energieüberschuss beträgt rund 7000 kWh. «Ein wichtiger Pluspunkt», findet auch Georgina Schneller.

 

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